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Im Porträt

Zu Pferd zu den Gläubigen

Pfarrer Axel-Ulrich „Alejo“ Gerling wirkt seit 1973 in Bolivien – Die Sprachen Quechua und Aymara gelernt – In den ersten Jahren mit dem Rucksack von Gemeinde zu Gemeinde gelaufen

Bolivien/Karlstadt (POW) Die Freude darüber, dass die Gruppe aus Deutschland kommt, ist Pfarrer Axel-Ulrich Gerling anzusehen. Oder, wie man ihn hier nennt, „Padre Alejo“. Einen Tag nach der Ankunft der deutschen Reisegruppe im Priesterseminar in Cochabamba übernimmt er die Tagesplanung. Bei einer Pastoralreise besuchte Bischof Dr. Franz Jung im Frühjahr erstmals Missionare aus dem Bistum Würzburg in Bolivien. Gerling ist ausgestattet mit Lautsprecher und Mikro. Mit einem Kleinbus verlässt die Delegation die viertgrößte Stadt Boliviens. Wie ein Reiseleiter zeigt der 78-Jährige seine früheren Wirkungsstätten – die Gemeinden Aramasi und Ramadas.

Gerling wurde 1945 in Würzburg geboren und wuchs in Karlstadt auf. 1972 wurde er zum Priester geweiht und war Kaplan in Kirchzell im Landkreis Miltenberg. Ein Jahr später ging er als sogenannter „Fidei Donum“-Priester nach Bolivien. „Fidei Donum“ ist eine Papst-Enzyklika aus dem Jahr 1957. Wörtlich übersetzt heißt sie „Geschenk des Glaubens“. Darin forderte Papst Pius XII. dazu auf, Priester vor allem nach Afrika, Asien und Südamerika zu schicken, da dort Priestermangel herrschte.

Als er in Bolivien ankam, wurde Gerling erstmal überrascht. „Ich habe gedacht, die Menschen sprechen nur Spanisch“, erzählt er. Doch da hatte er sich getäuscht. „Dann habe ich herausbekommen, dass sie auch Quechua und Aymara sprechen.“ Am Anfang hätte man ihm gesagt, er müsse die Sprache nicht lernen. Doch das habe er anders gesehen: „Ich muss in meiner Muttersprache von Gott erzählt bekommen.“ Deshalb sei er für sechs Monate in die Stadt gegangen, um Quechua zu lernen. Das habe auch zu Protesten geführt. Schließlich würde er so in seiner Pfarrei Independencia ausfallen und könnte keine Messen halten. Doch er setzte sich durch und lernte ein halbes Jahr die Sprache. Zehn Jahre später machte er das gleiche noch einmal und lernte Aymara. Heute sagt Gerling: „Der Stolz auf ihre alte Kultur ist größer als vor 51 Jahren.“

Am Anfang wirkte er in der Pfarrei Independecia, anschließend war er in einem Dorf, und dann wurde eine Stelle in der Provinz Tapacari im Erzbistum Cochabamba frei. „Sie galt als die ärmste Pfarrei von Bolivien.“ Das habe er als junger Priester als Herausforderung gesehen. Dort war seit 1978. Seit zehn Jahren unterstützt ihn ein Pfarrer in den Landgemeinden, Gerling selbst ist seit 2010 Finanzdirektor der Erzdiözese Cochabamba.

Der erste Stopp in der Pfarrei ist die Gemeinde Aramasi. Dort hat Gerling lange gelebt. Mittlerweile wohnt er aus gesundheitlichen Gründen bei seiner Schwester und deren Mann in Cochabamba. In Aramasi wartet schon seine Schwester Andrea. Sie und ihr Mann unterhalten dort eine Schule für Garten- und Ackerbau. Auf dem Gelände ist auch die kleine Kapelle von Gerling, die die Delegation interessiert bestaunt. In einem Klassenraum auf dem Gelände ist eine Karte der Pfarrei. Dort ist zu sehen, wo in der Pfarrei Kirchen sind, wo der Priester hinkommt und wo es Katecheten gibt. Katecheten sind eine Art Religionslehrer. Sie bereiten Menschen auf Sakramente wie beispielsweise die Firmung vor.

Weitere Bilder

Draußen hängen zwei Plakate mit vielen Bildern von Gerling. Sie zeigen ihn in verschiedenen Situationen als Priester. Auf einigen Bildern ist auch ein Pferd zu sehen. Von Ort zu Ort zu kommen, sei am Anfang schwierig gewesen: „Erstens hatte ich kein Auto, zweitens gab es keine Wege fürs Auto. Und da bin ich mit einem Rucksack von einer Gemeinde zur anderen gelaufen.“ Es seien zu diesem Zeitpunkt 120 „Comunidades“ gewesen, vergleichbar mit der Größe eines deutschen Weilers. Er habe relativ schnell festgestellt, dass er ein Pferd brauche. Von einem Münchner Pfarrer aus der Nachbarpfarrei habe er zwei geschenkt bekommen. „Das waren Riesenpferde, die haben nur gefressen. Dann habe ich sie gegen Ponys getauscht.“ Obwohl er vorher nie geritten war, macht ihm das Reiten Spaß.

Kurz darauf wird klar, warum Pferde nicht nur für die großen Distanzen eine gute Wahl waren. Der Weg der Delegation führt weiter nach Ramadas zu einer Firmung. Als Straße dient ein ausgetrockneter Fluss. Es ist ganz schön holprig. Und wenn es stark geregnet hat, ist die „Straße“ nicht befahrbar.

In den vergangenen 51 Jahren habe sich viel in Bolivien verändert. Dazu gehört der Straßenbau – am Anfang habe es nur Kies und Sand gegeben. Und es hat sich noch mehr verändert: „Als ich gekommen bin, war kein Haus höher als fünf Stockwerke.“ Jetzt sei das höchste Haus in Cochabamba 23 Stockwerke hoch. Und: „Früher haben sieben Millionen Menschen in Bolivien gelebt, jetzt sind es zwölf.“

Auch bei den Menschen habe sich viel verändert: „Es hat noch nie so viele Schülerinnen und Schüler, Studentinnen und Studenten gegeben wie zurzeit.“ Die Regierung käme gar nicht mit dem Bau von Schulen und Universitäten hinterher. In Bolivien lag das Durchschnittsalter im Jahr 2001 bei 23,9 Jahren. In Deutschland lag das Durchschnittsalter im gleichen Jahr bei 44,7 Jahren.

Das sieht man auch bei der Firmung in Ramadas. Dort wartet schon die Gemeinde mit ihren jungen Firmlingen. Und hier wirkt Gerling, als ob er einfach dorthin gehört. Zum Beispiel, wenn er die Worte von Bischof Jung in Quechua übersetzt oder mit den Gemeindemitgliedern spricht (einen ausführlichen Bericht über die Firmung finden Sie hier: pow.bistum-wuerzburg.de/aktuelle-meldungen/detailansicht/ansicht/firmung-beim-volk-der-quechua/).

Gerling wird seinen Ruhestand in Bolivien verbringen und nicht nach Deutschland zurückkehren. Trotzdem sagt er über sich: „Ich bin sehr heimatverbunden.“ Deshalb liest er auch das Würzburger katholische Sonntagsblatt und die Main-Post. Beides digital, denn der Postweg funktioniert in Bolivien nicht mehr. So bleibt der 78-Jährige mit seiner Heimat verbunden. Die neue Aufmachung des Sonntagsblatts gefällt ihm gut: „Die neue Ausgabe ist noch besser. Ich muss sagen, sie hat Niveau.“ Das Sonntagsblatt bekommt er von der Diözesanstelle Weltkirche – wie alle anderen Missionarinnen und Missionare, die das wollen. Lateinamerikareferent Alexander Sitter erklärt: „Durchwegs zeigte sich, dass die Zeitschrift eine wichtige Verbindung in die Heimat darstellt.“ Dass Missionarinnen und Missionare das Sonntagsblatt digital lesen, sei keine Seltenheit: „Einige MissionarInnen waren dankbar für das Angebot, das Sonntagsblatt auch online lesen zu können. Sie berichteten, dass einige Blätter nicht ankamen oder dass oft ein ganzer Stapel gleichzeitig im Postfach landete.“

Aus Bolivien berichtet Anna-Lena Ils (Medienhaus des Bistums Würzburg)

(2424/0604; E-Mail voraus)

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