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Engelsaugen mit Marmelade

Dillinger Franziskanerinnen in Lohr-Sendelbach backen gemeinsam, um geistig fit zu bleiben – Spritzgebäck, Kokosmakronen und Engelsaugen – Schwester Angela Weber und Gedächtnistrainerin Ulrike Uhlemann wecken Erinnerungen an früher

Lohr am Main (POW) Stück für Stück schneidet Schwester Burkhardine Dauerlein fingerbreite Scheiben von der Teigrolle ab. Mit beiden Händen formt sie diese zu Kügelchen und legt sie aufs Backblech. Nun ist Schwester Waldrun Pflaum an der Reihe: Die 78-Jährige steckt das Stielende des Kochlöffels zunächst ins Mehl. „Damit der nicht am Teig klebt“, erklärt sie und drückt mit dem Stiel ein Loch in eine der gelb glänzenden Teigkügelchen. In diese Vertiefung füllt Schwester Leone Meining einen Klecks Erdbeer-Rhabarber-Marmelade. Die 78-Jährige muss genau arbeiten und aufpassen, dass sie nicht zu viel hineinfüllt und nichts danebentropft. „Zu wenig und zu viel, verderben alles Spiel“, fügt Schwester Burkhardine hinzu.

Zwölf Dillinger Franziskanerinnen sitzen im Gruppenraum des Senioren- und Pflegeheims Sankt Elisabeth im Lohrer Stadtteil Sendelbach. Die Jüngste ist 70, die Älteste schon 93 Jahre alt. Gemeinsam backen sie im Kloster Plätzchen für das Weihnachtsfest. An einem Tisch wird der Teig fürs Spritzgebäck vorbereitet, am anderen Kokosmakronen, auf dem Herd köchelt die Schokoladenkuvertüre. Ein leichter Duft von Nüssen und Zimt schwebt in der Luft.

Schwester Waldrun, Schwester Leone und Schwester Burkhardine formen gemeinsam Engelsaugen. So heißen die Leckereien mit dem Klecks Marmelade als Pupille in der Mitte. Schwester Burkhardine rollt den zweiten Teigstrang. Zum adventlichen Backen trägt die 86-Jährige ihren weißen Habit und hebt sich damit von ihren schwarzgekleideten Mitschwestern ab. Sie ist es gewohnt, Weiß zu tragen. 26 Jahre arbeitete Schwester Burkhardine als Köchin in Sendelbach. Davor war sie lange in Südtirol, in der Nähe von Brixen. Als sie 1975 in Sendelbach angefangen habe, hätten die Franziskanerinnen Massen von leckeren Plätzchen zur Weihnachtszeit gebacken, die mehrere Eimer füllten. Schwester Burkhardine erinnert sich noch gut und zeigt mit ihren Armen die Größe der Behälter.

Ulrike Uhlemann ist die einzige Frau im Raum, die keinen Habit trägt. Sie kommt zum Tisch mit den Engelsaugen und sagt: „Die sehen ja wirklich wie Augen aus.“ Zweimal die Woche kommt die Sozial- und Heilpädagogin ins Schwesternheim und bietet ehrenamtlich Gedächtnistraining an. Aktivierungsstunde nennt das die 77-jährige Schwester Angela Weber. Mit ihrer Aktivierung wollen Schwester Angela und Uhlemann ganzheitlich arbeiten. Die älteren Schwestern trainieren ihre Fingerfertigkeit, das Gedächtnis und bleiben geistig aktiv. „So merken sie: Sie können noch was“, sagt Schwester Angela, die vor 17 Jahren zur Altentherapeutin umschulte. Vorher unterrichtete sie als Hauswirtschaftslehrerin Handarbeiten.

Zurück in die Adventsbäckerei: An der Tischkante klemmt ein Fleischwolf. Nach mehrfachem Drehen schiebt die Maschine verschiedene Teigformen aus dem Aufsatz: rund, flach oder sternförmig. „Was wollen wir als erstes machen, Karin?“, fragt Schwester Angela. „Kringel“, antwortet Schwester Karin Imhof, die direkt neben ihr sitzt. Seit einem Schlaganfall ist die 70-Jährige nicht mehr so mobil. Spritzgebäckkringel formen kann sie aber immer noch. Mit einem Messer schneidet sie den Teigstrang ab und legt ihn langsam in Kreisform aufs Blech. Einen neben den anderen. Schwester Angela schiebt das volle Blech in den Ofen und stellt die Eieruhr auf zehn Minuten. Genug Zeit für die Spritzgebäckkringel, sich goldgelb zu bräunen.

Schwester Angela fragt in die Runde, welche Plätzchen die Schwestern von früher kennen. „Butterplätzchen“, rufen einige. „Spritzgebäck“, antworten andere. „Makronen“, kommt die Antwort aus einer Ecke. Das gemeinsame Backen soll Erinnerungen wecken. Wie hat es damals in der Küche gerochen? Wie hat die Mutter den Teig gerollt? Biografisches Arbeiten nennt Schwester Angela diese Methode. Das kann die Demenz zwar nicht aufhalten, aber alte Erinnerungen wieder aktivieren, sind sich Uhlemann und Schwester Angela einig.

Erinnerungen werden auch beim Formen der Engelsaugen gepflegt: Schwester Waldrun und Schwester Leone arbeiteten früher zusammen im Kindergarten. Dort hätten sie nur mit drei oder vier Kindern gleichzeitig backen können, erzählt Schwester Waldrun. Meist Spritzgebäck oder Plätzchen zum Ausstechen. „Für so was hatten die keine Geduld. Sind halt Kinder“, sagt Schwester Waldrun und tunkt den Kochlöffel mit dem Stielende ein weiteres Mal in Mehl.

„Dring, dring“, tönt die Eieruhr auf dem Herd. Schwester Angela beugt sich zum Ofen herunter, öffnet die Ofentür und holt ein Blech goldgelber Spritzgebäckkringel heraus. Den heißen Topf mit der flüssigen Kuvertüre stellt sie neben das Backblech. Schwester Angela träufelt die Schokolade vorsichtig über das Spritzgebäck.

Schwester Burkhardine hat noch die Zeit vor der bereits fertigen Kuvertüre miterlebt. Ihre Alternative: Butter, Puderzucker und Kakao verrühren und erhitzen. Über Nacht mussten die Plätzchen mit der selbst gemachten Kuvertüre ruhen. „Die mussten lange abkühlen, damit sie nicht zusammenkleben“, erzählt Schwester Burkhardine.

„Dring, dring.“ Die Eieruhr meldet sich wieder. Schwester Angela holt ein weiteres Blech aus dem Ofen. Sie präsentiert es den Ordensfrauen und fragt in die Runde: „Wie heißen die nochmal?“ „Engelsaugen“, antworten die meisten. Schwester Burkhardine wirft einen prüfenden Blick auf das Blech: „Noch schöner als gedacht.“

Bis sie so richtig zugreifen können, müssen sich die Schwestern aber noch einige Wochen gedulden. Am 6. Dezember, dem Fest des heiligen Nikolaus, gibt es Lebkuchen, Nüsse und Mandarinen. Makronen, Spritzgebäck und Engelsaugen naschen die Schwestern dann an Weihnachten.

Christoph Niekamp (POW)

(4913/1249; E-Mail voraus)

Hinweis für Redaktionen: Fotos abrufbar im Internet

 

Die Dillinger Franziskanerinnen verraten ihr Rezept für die Engelsaugen:

Zutaten

75 g Butter oder Margarine

35 g Puderzucker

1 Eigelb

1 Teelöffel Vanillezucker

1 Prise Salz

etwas Zitronenschale oder Aroma

120 g Mehl

zur Füllung Marmelade

zur Verzierung Schokoglasur

Mürbteig herstellen, etwas kühl stellen, gleichmäßige Kugeln formen, auf ein vorbereitetes Backblech setzen, mit dem Kochlöffelstiel in die Mitte eine kleine Vertiefung eindrücken, diese mit Marmelade füllen, dann die Plätzchen bei 180 Grad Celsius zirka 15 Minuten backen. Die Plätzchen auskühlen lassen, nach Belieben die Unterseite in Schokoglasur tauchen.